Verlustvortrag

Mit dem Verlustvortrag haben Privatpersonen und Unternehmen die Möglichkeit, einen periodenübergreifenden Verlustabzug vorzunehmen. In einer Periode angefallen Verluste lassen sich mit den Einnahmen aus dem Folgejahr oder den Folgejahren verrechnen. Wie das genau funktioniert und welche steuerlichen Auswirkungen der Verlustvortrag hat, erfahren Sie in diesem Beitrag.
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Inhaltsübersicht

Was ist ein Verlustvortrag?

Von einem Verlustvortrag ist die Rede, wenn Sie Verluste aus einem Steuerjahr in das nächste übertragen. In der Einkommensteuererklärung müssen Sie dafür eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags vornehmen. Gibt das Finanzamt Ihrem Antrag statt, können Sie die Verluste wie gewünscht vortragen. Dafür erhalten Sie zusätzlich zu Ihrem Einkommensteuerbescheid einen “Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags”.

Der Verlustvortrag ist im § 10d Abs. 2 EStG geregelt. Wenn Sie ihn beantragen möchten, nutzen Sie dafür die Anlage Sonstiges in Ihrer Einkommensteuererklärung. Nach den hier vorgenommenen Regelungen ist es möglich, den Verlustvortrag bis zu einer Höhe von einer Million Euro der Einkünfte unbeschränkt berücksichtigen zu lassen.

Einen solchen Vortrag von Verlusten kann jeder vornehmen. Das gilt zum Beispiel für Arbeitnehmer ebenso wie für Selbstständige oder Studenten.

Beispiel Verlustvortrag

Die Funktionsweise des Verlustvortrags lässt sich am einfachsten anhand eines Rechenbeispiels verdeutlichen. Wir gehen dabei vom Betrachtungszeitraum 2021 bis 2022 aus. Im Jahr 2021 erzielt die Person A keine Einnahmen und hat Ausgaben in Höhe von 1.000 Euro. Daher ist ein Vortrag des Verlusts in das nächste Jahr gewünscht. Wir gehen davon aus, dass die Einnahmen im Jahr 2022 auf ein normales Niveau zurückkehren. Aus diesem Grund sind auch die Einkünfte wieder positiv:

20212022
Einnahmen04500
Ausgaben10001500
Einkünfte (Einnahmen – Ausgaben)-10003000
Abzuziehender Verlustvortrag0-1000
Einkommen02000

Die Person A kann den Verlust in Höhe von 1.000 Euro aus dem Jahr 2021 in 2022 berücksichtigen, weil die Einkünfte positiv sind. In diesem Fall lassen sich die Verluste aus dem Vorjahr in voller Höhe abziehen. Sollten im Jahr 2022 hingegen wiederum Verluste anfallen, wäre ein weiterer Vortrag in das folgende Jahr 2023 möglich.

Sobald es zu einem Abzug des Verlusts aus dem Vorjahr kommt, senkt die Person A damit ihr steuerpflichtiges Einkommen um 1.000 Euro.

Warum macht man einen Verlustvortrag?

Die Idee hinter dem Verlustvortrag besteht darin, die Verluste aus einem Jahr mit den positiven Einkünften des Folgejahres zu verrechnen. Dadurch sinken die Einkünfte, auf deren Basis die Berechnung der Steuern erfolgt. Im Ergebnis müssen Sie weniger Steuern entrichten.

Sinnvoll ist der Vortrag also immer dann, wenn Sie in einem Jahr Verluste erzielt haben und diese gewinnbringend im Folgejahr nutzen möchten. Das funktioniert aber nur, wenn die Einkünfte im nächsten Jahr tatsächlich positiv sind.

Verlustvorträge lassen sich auch rückwirkend vornehmen. Eine rückwirkende Feststellung ist für bis zu sieben Jahre möglich. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Jahr 2015 entschieden. Diese Fristen gelten natürlich nur für die Feststellung der Verluste und haben keine Bedeutung für die Abgabe der Einkommensteuererklärung.

Rückwirkend lassen sich die Verluste jedoch nur geltend machen, wenn für das betreffende Steuerjahr noch kein rechtskräftiger Steuerbescheid vorliegt. Allerdings sieht der Gesetzgeber hier eine Ausnahme für das unmittelbar vorangegangene Steuerjahr vor. In diesem Fall ist die Geltendmachung auch dann möglich, wenn der Bescheid bereits rechtskräftig sein sollte.

Verlustvortrag und Verlustrücktrag: Was ist der Unterschied?

Neben dem Vortrag von Verlusten ist im Einkommensteuerrecht auch ein Verlustrücktrag möglich. Die Regelung hierfür finden Sie im § 10d Abs. 1 EStG. Im Prinzip handelt es sich hierbei um das Gegenteil des Verlustvortrags. Während Sie bei letzterem Ihren Verlust in das Folgejahr oder in die Folgejahre vortragen, tragen Sie es beim Verlustrücktrag ist das Vorjahr zurück. Im Vorjahr erfolgt dann ebenso wie beim Vortrag eine Verrechnung mit den Einnahmen.

Wie wird der Verlustvortrag verrechnet?

Die Verrechnung des vorgetragenen Verlustes erfolgt, sobald in einem Jahr ein negatives Steuerergebnis vorliegt. Sie haben die Möglichkeit, Ihre nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte in einem der folgenden Veranlagungszeiträume bis zu einer Million Euro des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehen. Über eine Million Euro hinausgehende Beträge sind noch in Höhe von bis zu 60 Prozent zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass der übersteigende Betrag in Höhe von 40 Prozent des Gewinns weiterhin zu versteuern bleibt.

Sollte die Veranlagung gemeinsam mit einem Ehepartner erfolgen, verdoppelt sich der Höchstbetrag entsprechend auf zwei Millionen Euro. Alle diese Regelungen finden sich im Einkommensteuergesetz in § 10d Abs. 2.

Zu berücksichtigen sind beim Verlustvortrag die verschiedenen Ausnahmen. Denn nicht jede Art von Verlust in einer Periode lässt sich später zum Zwecke der Steuerreduzierung abziehen. Das gilt zum Beispiel für die privaten Veräußerungsgeschäfte gemäß § 23 EStG, die auch Spekulationsgeschäfte heißen. Hierbei handelt es sich um eine der Untereinkunftsarten, die nicht abzugsfähig sind.

Ausnahmen gelten weiterhin für die sonstigen Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG oder für Termingeschäfte nach § 15 Abs. 4 Satz 3 bis 5 EStG. Verluste aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG gehören ebenfalls zu den Untereinkunftsarten, die sich nicht berücksichtigen lassen.

Es ist nicht notwendig, die Höhe des gewünschten Verlustvortrags bei der Steuer anzugeben. Das Finanzamt berücksichtigt den Vortrag automatisch und in voller Höhe. Es genügt anzugeben, dass ein Verlustvortrag zum Ende des letzten Steuerjahres festgestellt worden ist. Das lässt sich entsprechend in der Anlage “Sonstiges” auswählen.

Sobald das Finanzamt den Verlustvortrag festgestellt hat, erfolgt dort auch die Speicherung. Die Berücksichtigung in einem der Folgejahre geschieht dann anhand dieser Daten automatisch. Das bedeutet aber auch, dass Sie nicht selbst auswählen können, bis in welches Jahr Sie den Verlust vortragen möchten.

Wie lange ist der Verlustvortrag gültig?

Es ist nicht immer möglich, einen Verlust aus einem Jahr direkt mit den Einkünften aus dem folgenden Jahr zu verrechnen. Das funktioniert erst, sobald positive Einkünfte vorliegen. Es stellt sich also die Frage, wie lange sich ein Verlust vortragen lässt.

Tatsächlich besteht beim Vortrag von Verlusten keine zeitliche Begrenzung. Sie können Ihre Verluste solange vortragen, bis Sie diese vollständig mit den positiven Einkünften aus den folgenden Jahren verrechnen konnten.

Damit besteht zum Beispiel die Möglichkeit, einen Verlust im Folgejahr nur teilweise abzuziehen. Den Restbetrag des Verlusts können Sie dann erneut vortragen. Das erfolgt so lange, bis alle Verluste verrechnet sind. Auf diese Weise können Sie über viele Jahre Ihre Steuerlast senken, wenn die Verluste hoch genug dafür sind und positive Einkünfte zum Verrechnen vorliegen.

Verlustvortrag für Studenten

Studenten haben den Verlustvortrag viele Jahre lang genutzt, um ihre Einnahmen aus den ersten Jahren der beruflichen Tätigkeit über die Kosten ihres Studiums zu senken. Dazu haben sie zum Beispiel Verluste aus der Zeit des Studiums bis in das erste Berufsjahr vorgetragen. Das ist heute jedoch nur noch in eingeschränktem Maße möglich.

Damit der Vortrag der Verluste funktioniert, muss das Finanzamt die Ausgaben für das Studium als Werbungskosten betrachten. Das ist jedoch bei der ersten Ausbildung und dem ersten Studium nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr der Fall. Diese Kosten gelten mittlerweile als Sonderausgaben. Bestehen keine steuerpflichtigen Einkünfte im selben Jahr, wirken sich diese steuerlich nicht mehr aus und eine Berücksichtigung ist nur bis zu einer Höhe von 6.000 Euro möglich.

Heute sind es nur noch Studierende im Master-Studium, die vom Vortrag von Verlusten profitieren können. Denn ein Master-Studium gilt als Zweitstudium bzw. eine zweite Ausbildung. In diesem Fall ist es weiterhin möglich, Werbungskosten geltend zu machen und den Verlustvortrag wie gewünscht vorzunehmen.

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