Ein Unternehmen, das mit potentiellen Partnern spricht oder diesen Akteneinsicht gewährt, gibt einen direkten Einblick in eine innovative Idee, ein technisches Verfahren, eine Prozedur oder ganz einfach in Interna. Damit diese Informationen unter Verschluss bleiben, kann eine sogenannte Geheimhaltungsvereinbarung sinnvoll sein.
Eine Geheimhaltungsvereinbarung ist ein vertragliches Dokument, das zwischen zwei oder mehreren Parteien geschlossen wird und Stillschweigen über Verhandlungen, Verhandlungsergebnisse oder vertrauliche Unterlagen vertraglich festlegt.
Stillschweigen
Stillschweigeklauseln besagen, dass sich die Beteiligten zur Geheimhaltung beziehungsweise zur Verschwiegenheit in Bezug auf alle Informationen in Zusammenhang mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen verpflichten. Bei Äußerungen gegenüber Dritten ist darauf zu achten, dass diese zu keiner Verletzung der unterschriebenen Klausel zur Verschwiegenheit führen. Nichtbeachtung führt zu Sanktionen.
Neben dem Begriff „Geheimhaltungsvereinbarung“ sind auch folgende Formulierungen üblich:
– Vertraulichkeitserklärung – Verschwiegenheitsverpflichtung – Non-disclosure agreement (NDA) – Vertraulichkeitsvereinbarung – Geheimhaltungsvertrag
Eine solche Vertraulichkeitsvereinbarung ist übrigens nicht zu verwechseln mit einem Patent. Während ein Patent ein technisches Verfahren schützt oder die Veröffentlichung eines nachgeahmten technischen Produktes verbietet, stellen Vertraulichkeitsvereinbarungen die Nichtverbreitung jeglicher Art von Information sicher, die das Dokument umfasst.
Anwendungsbereiche der Geheimnisvereinbarungen
Eine Geheimhaltungsvereinbarung wird immer dann geschlossen, wenn wichtige Geschäftsgeheimnisse nicht an die Öffentlichkeit gelangen dürfen, weil daraus gegebenenfalls ein Reputationsverlust oder ein wirtschaftlicher Schaden resultieren würde.
Relevanz innerhalb von Kartellen
Innerhalb wirtschaftlicher Kartelle haben NDAs eine besondere Relevanz: Das Bundeskartellamt erkennt lizensiertes Know-how, das keiner Geheimhaltungsverpflichtung unterstellt ist, nicht als geheimes Know-how an. Solche Know-how-Lizenzverträge werden daher oftmals als wettbewerbsbeschränkend eingestuft.
Einseitige und zweiseitige Geheimhaltungsvereinbarung
Verschwiegenheitsklauseln kommen immer dann zum Tragen, wenn es um die Übermittlung von Informationen und Know-how geht. Dabei muss mindestens eine Partei mit Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen einer anderen in Berührung kommen.
Einseitige Geheimhaltungsvereinbarung
Eine einseitige Geheimhaltungsvereinbarung wird immer dann getroffen, wenn ein Vertragspartner durch seine Tätigkeit an Interna gelangen und zum Nachteil des anderen Akteurs verwenden könnte. Hier zwei Beispielsituationen:
- Ein Carsharing-Anbieter führt eine Studie zu den Nutzungsgewohnheiten und der Kundenzufriedenheit durch. Der durchführende Dienstleister erhält Einblick sowohl in Firmen-Interna als auch in private Kundendaten. Zum Schutz der Betriebsgeheimnisse und der persönlichen Daten der Kunden wird eine Geheimhaltungserklärung aufgesetzt.
- Ein Spiele-Entwickler lässt eine Beta-Version durch externe Nutzer testen. In diesem Fall wird eine einseitige Verschwiegenheitserklärung vereinbart, damit die Spielinhalte bis zum Erscheinungsdatum geheim bleiben und es keine „Spoiler“ (Verraten spannender Inhalte) gibt.
Zweiseitige Geheimhaltungsvereinbarung
In einigen Fällen ist auch eine gegenseitige Geheimhaltungsvereinbarung nötig, die am besten vor der Zusammenarbeit vertraglich festgelegt wird. Beispiel:
- Ein Unternehmen und einer seiner Zulieferer möchten stärker zusammenarbeiten, um den Produktionsprozess zu optimieren und so Kosten einzusparen. Dafür müssen die Vertragspartner Betriebsinterna wie Produktionsdetails austauschen. Diese müssen selbstverständlich vor Offenlegung geschützt werden. Zudem empfiehlt es sich, auch in Bezug auf neue Ideen und daraus resultierende Nutzungsrechte eine vertragliche Vereinbarung zu treffen, um nach Ende der Zusammenarbeit keinen Nachteil in Form eines direkten Konkurrenten entstehen zu lassen.
Spezielle Vertragsformen und Anwendungsbeispiele
Neben den angeführten Beispielen zur Geheimhaltungsvereinbarung existieren weitere, spezielle Vertragsformen:
Letter of Intent
Hierbei handelt es sich um eine Absichtserklärung, auch Grundsatzvereinbarung genannt, die das Verhandlungsinteresse oder das Interesse an einem Vertragsabschluss verbriefen sollen. Dieses Interesse wird von einem oder mehreren Vertragspartnern bekundet. Bei Vertragsverhandlungen zu Unternehmenskäufen, größeren Projekten oder zeitaufwändigen Transaktionen sollen sie die Ernsthaftigkeit der Gespräche verdeutlichen.
Kooperationsvertrag
Ein Kooperationsvertrag kann im Anschluss an eine Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnet werden. Er regelt bei langfristiger Zusammenarbeit den zukünftigen Umgang mit kritischen Firmen-Interna und ergänzt oder ersetzt die vorherige Vereinbarung. Welche Vorteile Kooperationen Selbstständigen und Unternehmern bringen, wird in diesem Ratgeber-Artikel thematisiert.
Lizenzvertrag
Lizenzvertrag: Inhaber eines gewerblichen Schutzrechts haben einen Vertrag abgeschlossen, der einem Dritten gegen Gebühr die teilweise oder vollständige Auswertung einer Lizenz erlaubt. So werden Informationen, etwa ein Produktionsverfahren, gegen nicht-lizensierte Kopien geschützt. Worin der Unterschied zwischen Urheberrecht und Nutzungsrecht liegt, wird in diesem Ratgeberartikel erklärt. Warum und wie Sie Ihr Urheberrecht schützen sollten, erfahren Sie wiederum ausführlich in diesem Beitrag.
Technologietransfer-Verträge
Bei dieser Vertrags-Art handelt es sich ebenfalls um eine Art Lizenz-Vertrag. Meist geht es um geplante, zeitlich begrenzte, privatwirtschaftliche oder staatlich unterstützte Prozesse, bei denen zwischen freien Technologien, wie Patenten oder Lizenzen, und gütergebundenen Technologien, wie Spezialmaschinen und vollständigen Fabrikanlagen, unterschieden wird. Technologietransfers finden zwischen Hochschulen, Erfindern, Forschungseinrichtungen und Unternehmen, innerhalb multinationaler Unternehmen, zwischen verschiedenen Unternehmen, zwischen Industrieländern sowie zwischen Industrie- und Entwicklungsländern statt.
Beraterverträge für sensible Geschäftsbereiche
Hierbei handelt es sich um einen expliziten Vertrag, der alle Mitarbeiter und Dienstleister der Geheimhaltung verpflichtet. Erst nachdem alle Beteiligten den Vertrag unterschrieben haben, können kritische Informationen intern offengelegt werden.
Arbeits- und Mitarbeiterverträge
In vielen Arbeitsverträgen sind Klauseln enthalten, die es dem Mitarbeiter verbieten, Informationen aus dem Berufsalltag an Dritte weiterzugeben. Dabei kann es sich um aktuelle Projekte, Kundendaten oder auch um das persönliche Gehalt handeln.
Beispiel für eine salvatorische Klausel:
Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam oder undurchführbar sein, oder nach Vertragsschluss unwirksam oder undurchführbar werden, bleibt davon die Wirksamkeit des Vertrages unberührt. An die Stelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung soll diejenige wirksame und durchführbare Regelung treten, deren Wirkungen der wirtschaftlichen Zielsetzung am nächsten kommt, die die Vertragsparteien mit der unwirksamen bzw. undurchführbaren Bestimmung verfolgt haben. Die vorstehenden Bestimmungen gelten entsprechend für den Fall, dass sich der Vertrag als lückenhaft erweist.
Vertragsbestandteile
Damit die Geheimhaltungsvereinbarung über alle wichtigen Eckdaten verfügt, sollten folgende Themen in das Schriftstück aufgenommen werden.
Umfang der Zusammenarbeit und der Geheimhaltung
Unter diesem Punkt definieren die Beteiligten die Art und den Umfang des gemeinsamen Projektes, den Terminus „Geheimhaltung“ und das konkrete Anliegen, das geheim gehalten werden soll.
Vertragsparteien
Unter diesem Punkt werden die Namen der beteiligten Personen beziehungsweise der beteiligten Unternehmen inklusive der Adressen festgehalten. In jedem Fall muss es sich um geschäftsfähige Personen handeln.
Spezifischer Vertragsgegenstand
Hier definieren die Vertragsparteien alle vertraulich zu behandelnden Informationen. Alle geheim zu haltenden Papiere, Unterlagen und vertraulichen Informationen müssen hier aufgenommen werden. Gleiches gilt für Handlungen und Aussagen einzelner Beteiligter, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen. Je genauer hier gearbeitet wird, desto umfangreicher ist der Schutz. Ebenso bietet es sich an, Informationen, die nicht Teil des Vertragsgegenstandes sind, abzugrenzen.
Dauer der Geheimhaltungspflicht
Der Zeitrahmen der Geheimhaltungspflicht ist entscheidend. Viele Geheimhaltungsvereinbarungen werden zeitlich unbegrenzt geschlossen. Es gibt aber auch Fälle, in denen ein berechtigtes Interesse, die Daten weiterzugeben, eine Frist erforderlich macht.
Sanktionen bei Nichtbeachtung
Hat sich eine Person oder ein Unternehmen dazu entschieden, eine Geheimhaltungserklärung zu verfassen, so ist es sinnvoll, eine Strafe bei Zuwiderhandlung zu definieren.
Erklärung sollte den Umstände angepasst werden
Im Internet existieren diverse Muster für Geheimhaltungsverträge, die kostenfrei genutzt werden können. Allerdings sollten Nutzer diese unbedingt den eigenen Bedürfnissen anpassen. Es ist sehr wichtig, die Klauseln entsprechend der situationsspezifischen Umstände anzupassen. Ebenso sollten sie präzise definieren, was die Gegenseite darf und welche Handlungen tabu sind. Besonders die Regelungen zum Schadensersatz sollten exakt formuliert werden. Sind diese unspezifisch, bemerkt dies ein erfahrener Vertragspartner sehr schnell.
Salvatorische Klausel
Unter einer salvatorischen Klausel versteht man in der Rechtssprache eine Bestimmung, die regelt, welche Rechtsfolgen eintreten sollen, wenn sich einzelne Vertragsbestandteile als unwirksam oder undurchführbar herausstellen oder wenn Fragen offenbleiben, die der Vertrag eigentlich hätte beantworten sollen.
Vertragsverstoß und Folgen
Kommt es zu einem Vertragsbruch, etwa weil ein Beteiligter geheime Informationen weitergibt, wird die vertraglich festgeschriebene Sanktion fällig. Dabei gilt es, Vertragsstrafen von Schadensersatzansprüchen zu unterscheiden.
Vertragsstrafen
Vertragsstrafen sind immer dann zu zahlen, wenn einem Vertragspartner zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass er sich dem Bruch der Geheimhaltungspflicht aus dem NDA schuldig gemacht hat. Ob dadurch tatsächlich ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist, ist zunächst einmal unerheblich. Gegebenenfalls ist Schadensersatz zu erstatten.
Die Höhe der Vertragsstrafe spielt eine entscheidende Rolle. Liegt der Betrag unter 5.000 Euro und ein Streitfall tritt ein, ist das Amtsgericht der jeweiligen Gemeinde zuständig. Diese sind häufig nicht nur chronisch überlastet, sondern haben in diesen Themenkomplexen auch wenig Erfahrung. Liegt der Streitwert über dieser Schwelle, geht die Zuständigkeit an das jeweilige Landgericht über. Hier sind die fachkundigeren Wirtschafts- und Handelskammern angegliedert, was für die Klägerseite von Vorteil ist.
Schadensersatz
Tritt durch die Indiskretion ein wirtschaftlicher Schaden ein, muss die Höhe des Schadenersatzes im Detail nachgewiesen werden. Diesen Schaden trägt der Vertragsbrecher.
Nachweispflicht
Eine Verschwiegenheitserklärung allein garantiert noch keinen juristischen Erfolg im Falle einer Informations-Offenlegung. Schließlich muss die geschädigte Seite beweisen, dass die Indiskretion von der anderen Vertragspartei ausgegangen ist. Dafür ist es nötig, auszuschließen, dass die der Geheimhaltung unterliegenden Informationen nicht woanders abgegriffen wurden. Potenziell vorstellbare Szenarien sind Gespräche mit Bekannten, Unachtsamkeit beim Umgang mit Akten oder ein unzureichend gesicherter E-Mail-Account.
Grenzen einer Geheimhaltungsvereinbarung
Beim Aufsetzen einer Verschwiegenheitserklärung gilt Vertragsfreiheit. Das heißt, die Parteien können den Inhalt frei bestimmen, solange sie sich an die Gesetze halten. Diese sind dann überschritten, wenn die Vereinbarung zu weit gefasst ist und zu viel der Geheimhaltung unterwirft. Der Gesetzgeber spricht in diesem Fall von einer sittenwidrigen Einschränkung des Vertragspartners, die ihn in seiner unternehmerischen Freiheit einschränken würde.